Fast die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer wünscht sich mehr Abstand im Alltag

30.08.2020 Katharina Hemmelmair
Mit dem Lockdown ab dem 16. März 2020 war es auf einen Schlag vorbei mit den sozialen Kontakten. Wie eine neue, repräsentative Studie der Online-Partneragentur Parship.ch bei rund 1‘000 Frauen und Männern in der Schweiz zeigt, hat die Mehrheit der Befragten die Zeit zu Hause genossen und war froh, keinen Freizeitstress mehr zu haben. Zwar haben die Befragten Treffen mit Freunden, der Familie und überhaupt Körperkontakt vermisst. Gleichzeitig wünschen sich 45 Prozent – unabhängig von Corona – mehr Abstand im Alltag, denn vier von zehn Befragten fühlten sich vor der Pandemie bei Begrüssungen zu mehr Nähe verpflichtet, als ihnen lieb war. Am stärksten unter dem Lockdown gelitten haben die 18 bis 29-Jährigen, während fast jeder Fünfte über 50 Jahren angab, sich im Lockdown wie immer verhalten zu haben.

Zürich,

Gemäss der neusten repräsentativen Studie der Online-Partneragentur Parship.ch bei rund 1‘000 Frauen und Männern in der Schweiz, haben 56% während des Lockdowns ab 16. März die Ruhe zu Hause genossen. Sie waren auch froh, keinen Freizeitstress mehr zu haben (41%). Gefehlt haben ihnen aber die physischen Treffen mit Freunden (44%; Jüngere stärker als Ältere und Frauen mehr als Männer), der Familie (37%, Frauen mehr als Männer ) sowie der spontane Austausch mit anderen Leuten (36%).

Händeschütteln und Umarmungen werden vermisst, Küsschen geben nicht

Die Social-Distancing-Regeln schränken auch unsere Begrüssungsrituale stark ein. Die Hälfte vermisst am meisten die Umarmungen und das Händeschütteln (je 53%, wobei Frauen vor allem die Umarmungen und Männern das Händeschütteln fehlt). 47% gaben denn auch an, erst jetzt richtig zu schätzen, sein Gegenüber in „normalen Zeiten“ berühren und umarmen zu können. Auf die Begrüssungsküsschen hingegen scheint man verzichten zu können: Diese fehlen nur 38%, bei den unter 30-Jährigen gar nur 22%.

Obschon zwei Drittel der Befragten den grossen Abstand wegen Corona als unnatürlich empfinden und sich freuen, wenn alles wieder wird wie früher, wünschen sich 42% der Männer und 48% der Frauen insgesamt mehr Abstand im Alltag – und zwar unabhängig von der Pandemie. Ein Grund dafür könnte sein, dass (unabhängig von Alter und Geschlecht) 41% angeben, sich grundsätzlich bei Begrüssungen zu mehr Kontakt verpflichtet zu fühlen, als ihnen lieb ist.

Das sei kein Widerspruch, sagt Parship.ch-Psychologin Dania Schiftan: „Es gibt im Alltag einen klaren Unterschied zwischen mehr Kontakt haben wollen und mehr Kontakt haben müssen, weil die sozialen Normen es so vorgeben. Gerade Frauen fühlen sich aufgrund der sozialen Normen oft zu näherem Kontakt verpflichtet, als sie eigentlich wollen. Was nicht heisst, dass sie den Körperkontakt mit Freunden und Familie nicht trotzdem vermisst haben.“

Unter 30-Jährige haben am stärksten gelitten

Praktisch alle Werte punkto Auswirkungen des Social Distancing in der Alterskategorie 18 bis 29 Jahre fallen deutlich höher aus als die Schweizer Durchschnittswerte:

  • 42% (CH: 33%) vermissten die kulturellen und sozialen Anlässe wie Bars, Restaurants, Clubs etc. (davon 36% der männlichen und 47% der weiblichen u30).
  • 26% (CH: 21%) vermissten den Körperkontakt zu Freunden (20% der Männer und 32% Frauen)
  • 27% (CH: 14%) hatten grosse Lust auf Kuscheln (etwas mehr Frauen als Männer)
  • 18% (CH: 10%) hatten grosse Lust auf Sex (gleich viele Männer wie Frauen)
  • 16% (CH: 9%) haben häufiger masturbiert (Männer doppelt so häufig wie Frauen)
  • 14% (CH: 6%) haben mehr Pornos konsumiert (Männer drei Mal so viel wie Frauen)

Nur 9% (CH: 13%) in dieser Alterskategorie gaben an, sie hätten sich während dieser Zeit wie immer verhalten und auch sonst keinen Unterschied bemerkt. Am häufigsten sagen dies die Älteren (50-59: 17%, 60-69: 18%).

„Es ist wenig erstaunlich, haben die Jungen am meisten gelitten. Ihnen wurde mit der Schule, Ausbildung, Hobbys, Freunden und Freizeitaktivitäten am meisten aus ihrer Lebenswelt entfernt. Sie waren also in allen für sie relevanten Lebensbereiche stark tangiert“, sagt Dania Schiftan.

Hingegen wirbt sie um Verständnis für die Älteren: „Deren Lebenswelt sieht ganz anders aus. Da ab einem gewissen Alter die beruflichen Kontakte wegfallen, geschieht der soziale Austausch oft beim Einkaufen, beim Friseurbesuch oder bei der Ausübung eines Hobbys. Zudem waren Treffen mit der eigenen Familie, etwa auch den Enkelkindern, nicht mehr möglich. Daher ist es wenig erstaunlich, dass die Älteren zumindest ihre alltäglichen Routinen punkto Einkaufen oder Spazierengehen aufrecht erhalten wollten.“

 

Über die Studie: Die Studie wurde vom 29. Juni 2020 bis 02. Juli 2020 vom digitalen Markt- und Meinungsforscher Unternehmen marketagent.com durchgeführt. Befragt wurden 1.008 Personen im Alter von 18 bis 69 Jahren in der Schweiz (Westschweiz, Raum Zürich, Raum Bern, Ostschweiz, Mittelland, Zentralschweiz, Nordwestschweiz und Graubünden).